Asyl-Chaos an deutschen Gerichten: Keine Zeit für Garnichts

Nicht nur die Unterbringung und Versorgung der Migranten stellt für Deutschland eine große Herausforderung dar. Auch der Rechtsweg für Asylbewerber kostet nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit, wie eine FREILICH-Recherche nun zeigt.

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Asyl-Chaos an deutschen Gerichten: Keine Zeit für Garnichts

In den meisten Bundesländern bringen die Asylklagen die Gerichte teilweise an ihre Grenzen.

© IMAGO / Funke Foto Services

Wird der Asylantrag eines Migranten abgelehnt, bedeutet dies nicht automatisch, dass er Deutschland verlassen muss. Auch ohne die Staatsbürgerschaft zu besitzen, kann er gegen die Ablehnung klagen und das deutsche Rechtssystem für sich arbeiten lassen. Dies führt nicht selten zu monatelangen Verfahren und mindert die Leistungsfähigkeit der Gerichte. Nach einer FREILICH-Recherche dauerten die Hauptsacheverfahren an den Verwaltungsgerichten der Bundesländer im Jahr 2023 zwischen 15 und 23 Monaten, lediglich im Saarland und in Rheinland-Pfalz konnten die Richter in schlanken vier beziehungsweise rund neun Monaten über die abgelehnten Asylverfahren entscheiden.

Damit einher geht, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer in den letzten Jahren deutlich gesunken ist. Teilweise dauerte die Verhandlung von Klagen vor den Verwaltungsgerichten bis zu 38 Monate. Auf Anfrage teilte beispielsweise das Niedersächsische Justizministerium in diesem Zusammenhang mit: „Die durchschnittliche Dauer wird anhand der erledigten Verfahren ermittelt. Dies hat zur Folge, dass die vermehrte Erledigung von gerichtlichen Asylverfahren mit längeren Verfahrenslaufzeiten zu einem Anstieg der statistisch ausgewiesenen Verfahrensdauer führt.“

Unklare Kompetenzverteilung sorgt für Reformstau

Das asylgerichtliche Verfahrensrecht ist zwar Bundeskompetenz, die Länder haben aber über den Rechtsausschuss des Bundesrates die Möglichkeit, durch Initiativen Einfluss auf das Verfahren zu nehmen. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Ansätze, den immensen Rückstau an unerledigten Verfahren zu bekämpfen. Insbesondere in Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen wurden zum Teil hunderte neuer Stellen geschaffen, um die überlasteten Mitarbeiter zu entlasten. Rheinland-Pfalz setzt dagegen auf die Bündelung der Zuständigkeiten beim Verwaltungsgericht Trier, das zentral alle abgelehnten Asylverfahren im Land verhandelt. Da die Richter in der Rechtsfindung, der Rechtsprechung und den damit verbundenen Sach- und Verfahrensentscheidungen jedoch unabhängig von den Justizministerien sind und sein müssen, können diese nur indirekt Einfluss auf das Personal der Gerichte nehmen. Selbst eine Anweisung, Asylverfahren „besonders eilbedürftig zu behandeln“, würde die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Justiz verletzen.

Zahl der Klagen steigen weiterhin an

Trotz dieser Verbesserungen werden die deutschen Verwaltungsgerichte auch in den kommenden Jahren noch viel zu tun haben. Denn die Zahl der Klagen gegen abgelehnte Asylanträge steigt seit 2022 ebenso stark an wie die Gesamtzahl der in Deutschland gestellten Asylanträge. So wurden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2023 mehr als 14.000 Klagen eingereicht, ein Höchststand seit den rund 16.000 Klagen im Jahr 2019. In anderen Bundesländern bewegen sich die Zahlen dagegen konstant auf einem sehr hohen Niveau, so etwa in Niedersachsen, wo in den letzten Jahren stets mehr als 6.000 Klagen eingereicht wurden und weit über 8.000 Klagen verhandelt werden konnten. Auch die Zahlen für das erste Halbjahr 2024 deuten darauf hin, dass am Ende des Jahres ähnliche Zahlen erreicht werden.

Über den Ausgang der Klagen gibt es unterdessen kaum Ergebnisse, und da die Gemengelage von einem abgelehnten Asylantrag über eine Klage gegen die Entscheidung des BAMF bis zum Urteil sehr individuell ist, sehen auch die Justizministerien kaum belastbare Zukunftsperspektiven für den Bereich der Migration. So antwortet das Justizministerium des Landes Bremen auf eine Anfrage von FREILICH: „Der Spielraum des Gesetzgebers im Asylprozessrecht ist weitgehend ausgeschöpft. Das Verfassungs-,Völker- und Europarecht lassen eine weitere wesentliche Reduzierung prozessualer Rechte nicht zu.“

Das Thüringer Ministerium wird noch deutlicher: „Der Geschäftsanfall ist nicht planbar. Zudem werden bei den Verwaltungsgerichten nicht nur Asylstreitigkeiten bearbeitet. Aufwüchse in den allgemeinen Kammern führen beispielsweise zwangsläufig zu Beeinträchtigungen aller Kammern (einschließlich Asyl).“ Und auch in Nordrhein-Westfalen benennt man die Probleme deutlich: „Die Herausforderungen sind vor allem in der hohen Anzahl von Verfahren zu sehen. Hinzu kommen gewisse Schwankungen bei der Anzahl der Schutzsuchenden und der Herkunftsländer der Schutzsuchenden, was eine Planbarkeit erschwert.“

Das heißt im Klartext: Da weder Verwaltung noch Justiz auch nur ahnen können, wie viele Migranten durch die Entscheidungen der Bundesregierung nach Deutschland gelassen werden, ist eine strukturelle Verbesserung der Asylgerichtsbarkeit nahezu unmöglich. Wenn gleichzeitig Verwaltungsklagen gegen andere Veränderungen im Leben der Bürger zunehmen, versinken die deutschen Behörden im Chaos. Angesichts der Haltung der Ampelkoalition zu Asyl und Migration sind dies keine hoffnungsvollen Aussichten für die Beamten und Angestellten der deutschen Verwaltungsgerichte.

Über den Autor

Mike Gutsing

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